Aug 25
/ / Eine Frau flieht vor einer Nachricht
icon1 Isabo | icon2 Perlentauchen | icon4 08 25th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Hanser Verlag 2009Das zweite Kapitel fängt so an:
Stotternd schlängelte sich die Kolonne aus Zivilfahrzeugen, Jeeps, Militärkrankenwagen, Panzern und riesigen Bulldozern auf Transportern dahin. Der Taxifahrer, mit dem sie fuhren, war still und grimmig, seine Hand lag auf dem Schaltknüppel des Mercedes, sein breiter Nacken bewegte sich nicht, und schon mehrere Minuten hatte er weder sie noch Ofer angeschaut.
Bereits beim Einsteigen hatte Ofer wütend die Luft durch die Lippen gepresst, und sein Blick sagte, das war aber eine tolle Idee, Mama, ausgerechnet ihn für diese Fahrt zu rufen, und erst da begann sie etwas zu begreifen – um sieben Uhr früh hatte sie Sami angerufen, er möge bitte kommen, er solle sich auf eine lange Fahrt einstellen, in die Gegend des Berges Gilboa.

Eine Frau flieht vor einer Nachricht. Die Frau heißt Ora, und eigentlich wollte sie mit ihrem erwachsenen Sohn Ofer zusammen eine Wanderung durch Galiläa machen, eine Woche lang, zur Feier seiner Entlassung aus der Armee. Jetzt muss Ofer aber doch noch mal hin, in den Krieg. Und Ora flieht, sie flieht vor der Nachricht, dass er gefallen ist. Von dem Moment an, da Ofer nicht mehr zu Hause ist, hält sie es dort nicht mehr aus, weil sie dauernd damit rechnen muss, dass „sie“ kommen, um ihr diese Nachricht zu überbringen. … Den Artikel weiterlesen… »

Aug 21
/ / Die Schattenboxerin
icon1 Isabo | icon2 Perlentauchen | icon4 08 21st, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Schöffling 1999Der Roman beginnt so:
Sie ist meine Nachbarin. Seit Jahren leben wir im gleichen Stockwerk. Ab und zu stoßen wir gemeinsam unsere schweren Schlüssel in die Gründerzeittüren. Dann verschwinde ich in meinem Hausflur, einem langen, schmalen Schlauch, belegt mit gelbem Hanf, kaum einen Meter breit. Und sie in ihrem, mit den noch im Einheitsbraun der vierziger Jahre gestrichenen Dielen. Die Farbe ist scheußlich. Matt glänzend und kaum zu entfernen, ähnelt sie dem Kot, den die Schäferhunde hier aufs Pflaster werfen, wenn sie von ihren Besitzern mit rostfarbenen Fertigfutterklumpen ernährt werden.
Seit einer Woche ist es still im Seitenflügel des ehemals vornehmen jüdischen Mietshauses in der Lehniner Straße, den wir als einzige noch bewohnen, sie und ich.

Die Nachbarin mit dem Namen Dunkel ist plötzlich nicht mehr da. Die Erzählerin bricht aus reiner Neugier in ihre Wohnung ein, mal nachsehen, ob sich da ein Hinweis auf ihren Verbleib findet. Sie selbst lebt illegal in dem abbruchreifen Haus, Dunkel ist die letzte legale Mieterin. … Den Artikel weiterlesen… »

Jul 7
/ / Die Geliebte des Gelatiere
icon1 Torsten | icon2 Perlentauchen | icon4 07 7th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Weissbooks Verlag 2009

Seit Ewigkeiten[!] wollte ich dieses Buch gelesen haben, doch nur selten zuvor hätte sich die  Lektüre derart gut mit den Außentemperaturen vertragen wie in diesen Tagen.
- Ja, ich spreche natürlich von der weissbooks-Ausgabe, deren Cover ein prachtvolles Himbeer[?]eis ziert, und somit nur einen Reflex/Instinkt/… auslöst: Zugreifen!
Essen kann man es nicht, ich würde jedenfalls davon abraten, wohl aber lesen UND genießen!

Protagonist des Romans ist Alvise, ein junger Venezianer, dem im Alter von 12 Jahren folgendes widerfährt:
“[...]Es waren nur drei, vier Sekunden, während denen ihre Hand auf meiner Stirn lag, aber in diesen paar Sekunden öffnete sich mir eine neue Welt. Als Noemi ihre Hand wegzog, war ich völlig durcheinander. Ich wusste, dass ich da wieder hin wollte, ich brannte darauf, ihre Hand wieder zu spüren, die Wärme ihrer Finger. Zugleich war ich auf seltsame Weise traurig und musste beinahe weinen.[...]“
… Den Artikel weiterlesen… »

Jul 1
/ / Die Abenteuer des Herrn Cryptogam
icon1 Isabo | icon2 Perlentauchen | icon4 07 1st, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Georg Olms Verlag 1993Rodolphe Töpffer lebte von 1799-1846, war Schriftsteller und Zeichner und zu seiner Zeit sehr beliebt. Ich hatte noch nie von ihm gehört. Dieser – wie nennt man das? sagen wir: diese Bildergeschichte beginnt so:

Herr Cryptogam ist 37 Jahre alt und ein begeisterter Naturfreund. Wenn er einen Schmetterling fängt, spießt er ihn mit einer Nadel an seinen Hut. Abends nimmt er ihn herunter und ordnet ihn in seine Sammlung ein. Sodann begibt er sich ins Bett. Er träumt genießerisch von Gegenden, die mit aufgespießten Schmetterlingen gepflastert sind.
Während Herr Cryptogam in Schmetterlingsträumen schwelgt, träumt Elvira, 38 Jahre alt, genießerisch von einer baldigen Ehe mit dem Auserwählten ihres Herzens.

Der Auserwählte ihres Herzens ist natürlich Herr Cryptogam, und der ist … Den Artikel weiterlesen… »

Jun 19
/ / In Boston?
icon1 Torsten | icon2 Perlentauchen | icon4 06 19th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) diogenes 2010

Vor einer Woche erreichte mich unerwartet ein Päckchen in der Buchhandlung, das ein Buch sowie eine Grußkarte enthielt.
Bei dem Buch handelte es sich um den Titel „In Boston?“ von Russell H. Greenan, bei der grüßenden Absenderin um unsere großartige diogenes-Vertreterin, die mir die Wartezeit bis zum neuen Grünberg [für Oktober 2010 angekündigt] mit einer tollen Lektüre verkürzen wollte.

Ich muss gestehen, dass mir weder Titel noch Autor bekannt waren, aber ich vertraute der Empfehlung und las…
Die Lektüre ist inzwischen abgeschlossen, und nun sitze ich hier – jedoch nicht alleine, denn es hat sich … Den Artikel weiterlesen… »

Jun 2

(c) DuMont Verlag 2008

Der Roman beginnt so:
Dass mein Großvater zu dem Zeitpunkt, als mich seine vorletzte Postkarte erreichte, bereits tot war, konnte ich nicht wissen. Ich hatte sie ungelesen beiseite gelegt, so wie ich auch die vorangegangenen Postkarten beiseitegelegt hatte. Gemeinsam mit den Rechnungen und Wurfsendungen, zwischen denen sie fast täglich lauerten, bildeten sie unter dem Schreibtisch einen immer waghalsigeren Stapel, den ich mit einer alten Zeitung abdeckte, auch wenn das wenig half, ich wusste schließlich, was sich darunter verbrarg.

Hurra! Was für ein sensationell beknacktes Buch! Bisher war alles, was ich von Tilman Rammstedt gelesen habe – nämlich alle Bücher, die er sonst noch veröffentlicht hat: Erledigungen vor der Feier und Wir bleiben in der Nähe – wahnsinnig klug und so, dass man am liebsten dauernd alles zitiert hätte. … Den Artikel weiterlesen… »

Mai 31

(c) suhrkamp Verlag 2009

Der Roman beginnt so:
Wie alltäglich oder unbedeutend die Reise auch sein mag, wie trist der Bahnhof und wie voll das Abteil mit den lärmenden Kindern, den ungelenk sich abmühenden Kofferträgern und den Keuchenden, die es gerade noch geschafft haben: Wenn alle Ansagen gemacht und alle Türen geschlossen sind und jeder auf das Anrucken des Zuges wartet, gibt es nicht selten einen Moment der Stille, der mehr zu meinen scheint als das unausgesprochene „Endlich!“ oder die Entfernungen zwischen hier und da, der einem wie ein geheimnisvolles Innehalten vorkommt, ein Atemholen der Zukunft, und die meisten Menschen, selbst die misslaunigen oder ungeduldigen, einen Herzschlag lang demütig aussehen lässt.

In dem Zug sitzen Wolf und Alina, sie fahren raus aus Berlin, nach Friedrichshagen, sie ziehen nämlich aufs Land. In Kreuzberg ist es nicht mehr auszuhalten, und am Stadtrand ist alles anders, da ist noch Osten, es gibt Natur und spießige Nachbarn. … Den Artikel weiterlesen… »

Mai 30
/ / Handauflegen
icon1 Isabo | icon2 Perlentauchen | icon4 05 30th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Verlag Klaus Wagenbach 2009Der Roman beginnt so:
Treacher saß unauffällig im hinteren Teil eines Seitenschiffs und bemerkte dennoch, dass er häufig angeschaut wurde. Er war groß, dünn und trug einen unfreundlich abweisenden Gesichtsausdruck, und wäre dies ein britischer Film aus den Sechzigern, hätte ihn der Schauspieler Raymond Huntley gespielt. Dieser war schon im wirklichen Leben ziemlich unangenehm und hatte sich in Ausübung seiner Kunst auf die Darstellung schlechtgelaunter Geschäftsleute und wichtigtuerischer Beamter spezialisiert.

Treacher ist nicht der einzige, der da in der Kirchenbank sitzt, die Kirche füllt sich mit immer mehr Prominenten, von hochrangigen Politikern über Banker bis hin zu Schauspielern und Fernsehsternchen. Sie alle sind zum Gedenkgottesdienst für Clive gekommen, der im zarten Alter von 34 Jahren gestorben ist. … Den Artikel weiterlesen… »

Mai 10
/ / Der Winter nach der schlimmen Liebe
icon1 Torsten | icon2 Perlentauchen | icon4 05 10th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Aufbau Verlag 2005

Jetzt wird’s persönlich: Dieses Buch kaufte ich vor ungefähr zwei Jahren im Allee Center Berlin, Prenzlauer Berg, und weinte mir bei der anschließenden Lektüre die Augen aus.

“Der Winter nach der schlimmen Liebe” ist ein schmales Gedichtbändchen, das durchweg von Abschied und Trennung erzählt und die damit einhergehende Verzweiflung so gefühlsecht zu transportieren vermag, dass sich -auf Seiten des Lesers- unweigerlich eine umgreifende Untröstlichkeit einstellt.

“Ich leide noch immer so lächerlich
Verzweifelt an dem Liebesverlust.
Das Herz schmerzt Gefahr. Bewußt
Ist mir alles. Ich
War schon immer im Urteilen groß.
Doch löst der Verstand von ihm mich nicht los. … Den Artikel weiterlesen… »

Apr 26

(c) diogenes 2005

Kürzlich stand eine Kundin im Laden, die sich gleich mehrfach dafür entschuldigte, dass sie das Buch, nach dem sie suchte, nur folgendermaßen umschreiben konnte: Ein Diogenes-Titel sollte es sein, in dem sich zwei Männer in einer Abflughalle kennenlernten und schließlich alles darin mündete, dass…

Ich kannte das Buch nicht, aber das Internet half, und schließlich bestellte ich ein Exemplar der “Kosmetik des Bösen” für sie – und eins für mich.
In der heutigen Mittagspause begann ich die Lektüre und war von den ersten Sätzen/Zeilen/Dialogen wenig begeistert, zu gewöhnlich kamen sie daher:
Eine Abflughalle, ein verspäteter Flug und ein genervter Passagier, der zu allem Überfluss noch unerbetene Gesellschaft in Form eines redseligen Holländers bekommt.
Doch was sich daraus entspinnt, ist schlichtweg … Den Artikel weiterlesen… »

Apr 18
/ / Sehnsucht nach Elena
icon1 Isabo | icon2 Perlentauchen | icon4 04 18th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Piper Nordiska 2oo9

Der Roman beginnt so:
Gleich kommt sie. Noch kann ich sie nicht sehen, höre aber beinah ihre Schritte. Sie hallen über das Pflaster, kurz bevor der Sand ihr Echo schluckt. Immer auf die gleiche Weise, immer überraschend. Als käme sie aus dem Nichts.
Auch gestern saß ich hier, genau wie am Tag zuvor. Sie nimmt mich kaum wahr, obwohl der Park zu dieser Morgenstunde menschenleer ist. Die Bank steht etwas abseits unter einer Kastanie.

Da sitzt der Erzähler also, auf der Bank unter der Kastanie im Park, und wartet auf Elena. Vorgestern, gestern und heute. Und morgen und übermorgen. Dass sie Elena heißt, weiß er noch nicht, er erfährt es im Laufe der Zeit zufällig. … Den Artikel weiterlesen… »

Mrz 30

(c) Fischer Verlage 2oo9

So ein wunderschönes Buch! Im Pappschuber, mit einem Fenster darin, durch das man das Bild auf dem Einband sieht. Der Einband ist ansonsten aus blauem Leinen, das Papier ist wunderschön, es gibt ein blaues Lesebändchen, und das Buch ist durchgehend farbig bebildert. Es erzählt Nadia Buddes Erinnerungen an ihre Kindheit im ostberliner Plattenbau. Mit den Großeltern auf dem Land. Das Ergebnis sieht aus wie ein Kinderbuch, ist aber gar keins. Auch wenn es überall als „Jugendbuch“ bezeichnet wird, das ist doch Quark, seit wann interessieren Jugendliche sich für Kindheitserinnerungen, die aussehen wie ein Kinderbuch? Inhaltlich ist das nicht so belanglos, wie es klingt, Nadia Budde erzählt über Seen und Nasen, über Stadttod und Landtod, Stadtkinder und Landfrauen und überhaupt über die DDR und das Kindsein und … Den Artikel weiterlesen… »

Feb 15
/ / Briefe vom Eichhorn an die Ameise
icon1 Isabo | icon2 Perlentauchen | icon4 02 15th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) dtv 2oo3

Lauter Geschichten über Briefe. Und Briefe. Briefe vom Eichhorn an die Ameise, auch wenn gleich der erste ein seltsamer Brief ist. Und vom Elefanten an die Schnecke, mit der er tanzen will, und zwar oben auf ihrem Haus. Er wird sich auch Mühe geben, nicht durchs Dach zu brechen, aber man kann natürlich nie wissen. Der Elefant klettert nämlich unglücklicherweise immer wieder auf Sachen, vor allem auf Bäume, und fällt dann runter. Und vom Sperling an die Krähe, die glaubt, dass es immer nur regnen wird und nie wieder aufhören. Und vom Bären an alle, denn er möchte, dass alle ihm eine Torte backen. Überhaupt wird viel Torte gegessen, vor allem vom Bären. Und vom Eichhorn an die Blattlaus, die sich immer so schrecklich schämt. Und vom Pinguin an alle, denn er ist einsam. Und vom Glühwürmchen, das nur entweder glühen oder schreiben kann, an den Nachtfalter. Und wenn jemand nicht weiß, wie man Briefe schreibt, kann er es beim Sperling lernen. Falls es Winter ist, zieht man dem Brief eine warme Jacke an und schickt ihn los. Und natürlich kann man auch seinem Tisch mal einen Brief schreiben, an den denkt man ja sonst viel zu selten. … Den Artikel weiterlesen… »

Feb 14
/ / Bestattung eines Hundes
icon1 Isabo | icon2 Perlentauchen | icon4 02 14th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Kiepenheuer & Witsch 2oo8

Der Roman beginnt so:

Lugano, 10. August 2005
Meine liebe Elisabeth,
Du willst wissen, wo ich gewesen bin? Ich schicke Dir sieben Postkarten und einen Stapel Papier, 345 Seiten. Dieser Stapel handelt von mir. Und von der Erinnerung und der Zukunft. Ich habe den ganzen Nachmittag gelesen und geordnet. Du hattest Recht, Elisabeth: Svensson ist ein seltsamer Mann, und: ja, es gibt hier eine Geschichte, Svenssons Kinderbuch ist davon nur das letzte Kapitel. Er hat einen ganzen Geschichtenkoffer mit sich herumgetragen, einen Koffer voll …
[Motiv: Volksparkstadion Hamburg, Luftaufnahme, 1999]

Jaaah! Was für ein Buch! Der Journalist Daniel Mandelkern fährt an den Luganer See, um ein Portrait des dort lebenden Kinderbuchautors Svensson zu schreiben. Mit ihm treffen die schöne Finnin Tuuli und ihr kleiner Sohn dort ein. Svensson hat seine Geschichte, Mandelkern seine eigene. … Den Artikel weiterlesen… »

Jan 31

(c) mare Verlag 2oo9

„Das Paradies ist eine Insel. Die Hölle auch.“

Der „Atlas der abgelegenen Inseln“ wurde von der Stiftung Buchkunst zum schönsten Buch des Jahres 2009 gekürt, und wenn die es nicht getan hätte, dann hätte ich es getan.
Judith Schalansky stellt auf jeder Doppelseite eine Insel vor, zumeist solche, von denen man noch nie gehört hat, und auf die man in der Tat niemals gelangen wird. Auf der rechten Seite findet sich jeweils eine Karte der Insel (alle im selben Maßstab) und auf der linken Seite ist der Name der Insel angegeben, teilweise auch mehrere Namen oder Namen in unterschiedlichen Sprachen, ihre Größe, die Einwohnerzahl, darunter auf einem Entfernungsstrahl die Entfernung zum Festland und die zur nächstgelegenen in diesem Buch beschriebenen Insel, und auf einem Zeitstrahl ein paar wichtige Daten.
Und darunter ein Text, etwas mehr als eine halbe Seite, auf der keineswegs die wichtigsten Fakten über die Insel zusammengefasst werden, sondern ziemlich willkürlich ein Punkt herausgegriffen wird. … Den Artikel weiterlesen… »

Dez 14
/ / Oben ist es still
icon1 Isabo | icon2 Perlentauchen | icon4 12 14th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Suhrkamp 2oo9

Ich habe Vater nach oben geschafft.

Was für ein erster Satz. Was für ein Buch. Helmer schafft seinen bettlägerigen Vater nach oben und renoviert unten das Wohnzimmer und das bisherige Elternschlafzimmer, wo er sich jetzt sein eigenes Schlafzimmer einrichtet. Mit einem neuen Bett und einer Steppdecke. Ein Tag ist wie der andere: melken, das Jungvieh versorgen, ausmisten, nach den Schafen sehen, nach den Hühnern sehen, die Esel versorgen, den Vater versorgen. Ihm etwas zu essen und zu trinken bringen, ihn zur Toilette tragen, ihn waschen.

Nach einem Blick aufs Ziffernblatt sagt er: „Ich hab Hunger.“
„Ich hab auch manchmal Hunger“, sage ich.

Die Mutter ist lange tot, und noch viel länger … Den Artikel weiterlesen… »

Dez 8
/ / Das absolut perfekte Verbrechen
icon1 Isabo | icon2 Perlentauchen | icon4 12 8th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Wagenbach 2oo9

Tanguy Viel sagte mir erstmal nicht viel, haha, und perfekte Verbrechen waren bislang auch nicht mein Lieblingsthema – der Auslöser, dieses Buch zu lesen, war der erstaunliche Klappentext:

Eine meisterhafte Parodie der klassischen Gaunergeschichten um Loyalität, Verrat und Rache. Tanguy Viel und sein kongenialer Übersetzer Hinrich Schmidt-Henkel erzählen sie in einem unnachahmlich musikalischen Ton wie eine tänzerische Tragödie in drei Akten: so schön wie ein Film mit Belmondo!

… Den Artikel weiterlesen… »

Jul 3
/ / Mittelmäßiges Heimweh
icon1 Torsten | icon2 Perlentauchen | icon4 07 3rd, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Hanser Verlag 2oo7

Ich gebe zu: Es gestaltet sich stets ausgesprochen schwierig, den Inhalt der Romane Wilhelm Genazinos angemessen wiederzugeben.
Das liegt zum einen ganz sicher an der Tatsache, dass die innere Handlung hier zumeist stärker ausgeprägt ist als die äußere, zum anderen aber auch an der melancholischen Grundfärbung und Sprachfertigkeit.

- So auch hier. Dieter Rotmund ist ein Genazino-typischer Protagonist: Großstadtverloren, von der Frau verlassen, den Alltag zumeist nur hinnehmend und dessen Dahinplätschern irgendwie ertragend – soweit zur Rahmenhandlung. Dieter Rotmund ist selbstverständlich aber auch ein hervorragender Beobachter des scheinbar Banalen, ein akribisch Detailverliebter, ein Philosoph und Empathiker sondergleichen. … Den Artikel weiterlesen… »

Apr 3

(c) Schöffling 2oo8

Ein verstörendes Porträt, in gewisser Weise sogar das denkwürdige Psychogramm einer jungen Frau:
Lynn Zapatek, mutmaßlich um die 30 Jahre alt, wird aus der Psychiatrie entlassen und müht sich fortan redlichst um ein strukturiertes Leben. – Struktur, das bedeutet für sie: Termine, möglichst wenig Freizeit und Freiraum, denn jene Begriffe sind für sie einzig mit dem Zustand von Einsamkeit und Gedankenverlorenheit verbunden. So ist es fast schon wenig verwunderlich, dass sie als Zimmermädchen im Hotel Eden freiwillig unbezahlte Überstunden leistet und bei der Urlaubsplanung einen Termin auswählt, der soweit wie möglich in der Zukunft liegt.

Die Arbeit, das Putzen und vor allem das Fantasieren der Hotelgäste ob einzelner Notizzettel, Kleidungsstücke und Details in den Hotelzimmern entwickelt sich zu einer Obsession und mündet schließlich darin, … Den Artikel weiterlesen… »