Aug 27
/ / Runterkommen
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 08 27th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) rowohlt Verlag 2010Ja, ja, ja! Leute, es gibt da draußen so viele so tolle Bücher, es ist die wahre Pracht, lest! Lest tolle Bücher, zum Beispiel dieses hier. Es fängt so an:

Als er in seinem schwarzen Mercedes-Benz um die Ecke summt, kneift sie die Augen zusammen und umarmt den sonnenwarmen Stamm.
Mein Freund, der Baum.
Sie pult ein paar Stücke aus der weichen, moosigen Rinde und tritt vor Aufregung mit der Fußspitze gegen das Holz. Von vorn das Ploffen der Wagentür, das Knacken der Verriegelung, sie kennt sein Auto, auf dem Nummernschild seine Initialen und ein Aufkleber: Ich bremse auch für Rentner. Er streckt sich, Arme Richtung Himmel, eine unglaubliche Bläue heute, wie glühendes Metall, Flecken unter den Achseln, sein Ehering blitzt – Ehe, da war doch was – und macht dabei ein Geräusch wie ein Tier aus einem Zeichentrickfilm.

Dani steht hinter einem Baum am Waldrand und beobachtet Erik. Erik ist ein gutsituierter Anwalt mit Einfamilienhaus im Grünen, Frau und zwei Kindern. Dani ist Putzfrau und hat ein Problem. Erik hat auch Probleme, seine Frau ebenfalls, in weiteren Rollen: Tom, Karin, Doreen, Zusanna, Thomasz, Johannes und so weiter: alle haben ihre Probleme, manche eine handfeste Macke, alle wären gern ein bisschen glücklich und sind ein bisschen kaputt. Alle wollen Sex, manche haben reichlich davon, andere nicht. Die meisten trinken, manche mehr, andere weniger. … Den Artikel weiterlesen… »

Aug 18
/ / Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 08 18th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Verlag Kiepenheuer & Witsch 2010 Der Roman beginnt so:
Seine Kindheit, das hatte die Baufirma Brüning auch gar nicht mehr zu beschönigen versucht, würde in der Mitte auseinanderbrechen, eher früher als später, in zwei Teile.
Der Westflügel, in dem er mit seiner Mutter und ihrer übermächtigen Liebe groß geworden war, mit seinem Großvater, dem Bildhauer, den man den Rodin des Nordens nannte, sowie seiner Großmutter, die jeden Tag norddeutschen Butterkuchen backte – dieser Westflügel des Hauses würde zuerst absacken und im Teufelsmoor untergehen. Dabei würde sich der Ostflügel, in dem der Rest der Familie gelebt hatte, gleichzeitig in die Höhe heben, bis das ganze Haus in der Mitte in zwei Stücke breche. Und dann würde der Ostflügel zurück in den Schlamm fallen und vermutlich früher oder später auch dieser Teil der Familie Kück herabsinken – mit seinen sommersprossigen Johans, den blauäugigen Hinrichs, den Milchkühen und Mördern, dem Schnaps und dem schönen, strohblonden Bauernmodell Marie, das noch heute auf dem Bild eines alten Worpsweders wie ein Gespenst erschien.

Von der einst unübersichtlich großen Familie sind nicht mehr viele übrig; Paul lebt in Berlin und versucht erfolglos, eine Galerie zu etablieren, seine Mutter lebt auf Lanzarote, gibt dort Bewusstseinsseminare und schickt ihm ständig Salat mit der Post, damit er in der vitaminlosen Großstadt etwas Gesundes zu essen bekommt, und im riesigen alten Bauernhaus in Worpswede lebt nur noch Nullkück, der ein bisschen zurückgeblieben ist. … Den Artikel weiterlesen… »

Jul 25
/ / Unsichtbar
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 07 25th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) rowohlt 2010

“Unsichtbar”, der neue Roman von Paul Auster, lässt sich nur schwerlich zusammenfassend umschreiben, ohne der Handlung oder weiterführenden Interpretationen vorzugreifen. “Unsichtbar” ist ausgesprochen vielschichtig und von solch atmosphärischer Dichte, dass es sich kaum auf ein bloßes Handlungsgerüst reduzieren lässt. Daher reiße ich die Geschichte an dieser Stelle lediglich an:

New York, 1967. Adam Walker, 20jähriger Literatur-Student der Columbia University, lernt auf einer Party den französischen Gastprofessor Born sowie dessen Freundin Margot kennen. Aus dieser Bekanntschaft entspinnt sich für Walker sehr bald ein attraktives Angebot, journalistisch zu arbeiten – und zugleich macht ihm Margot [über]deutlich, dass auch sie Interesse an ihm hegt, was in ihrem Fall … Den Artikel weiterlesen… »

Mai 25
/ / Juni
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 05 25th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) suhrkamp Verlag 2o1o

Der Roman beginnt so:
„Gleich kommt Slootdorp“, sagte der Chauffeur. „Dort übernimmt sie ein neuer Bürgermeister“.
Sie schaut hinaus. Rechts und links breite Streifen Weide- und Ackerland, deren Ende nicht zu sehen ist. Hier und da ein klobiger Bauernhof mit rotem Ziegeldach. Zum Glück regnet es nicht. Rechts wird die Sicht teilweise von C.E.B. Roëll versperrt, die in ihren Papieren liest; bestimmt irgend etwas über das Dorf, zu dem sie unterwegs sind. Sie zieht die Handschuhe aus, legt sie sich auf den Schoß und klappt den Aschenbecher auf. Roëll seufzt. Einfach ignorieren. Noch nicht einmal das halbe Pensum, und es kommt ihr so vor, als wäre schon viel mehr als die Hälfte des Tages vorbei.“

Im Juni 1969 besucht die niederländische Königin Juliana das Dorf.
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Mai 24
/ / Charlie Summers
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 05 24th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Berlin Verlag 2010Der Roman beginnt so:
Das Geld kam aus dem Nichts. In den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts wurde die Welt wie nie zuvor von Geld überschwemmt. Die Zeitungen sprachen von einem „Chash-Tsunami“, mit einer Begeisterung, die jedes Urteilsvermögen vermissen ließ. Aber das war bezeichnend für die Situation, wie sie sich für uns im Geldgeschäft damals darstellte. Investmentbanken, Hedgefonds, Prime Broker, Hypothekengeber, Privatkundenbanken: Alle warfen mit Geld nur so um sich.

Irgendwo in diesem Riesengeschäft mit dem Geld befindet sich Hector Chetwode-Talbot, genannt Eck. … Den Artikel weiterlesen… »

Mai 8
/ / Der Verdrüßliche
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 05 8th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Jacoby & Stuart 2o1o

Ich bin verdrüßlich!
Weil ich verdrüßlich bin,
bin ich verdrüßlich.

Sonne scheint gar zu hell,
Vogel schreit gar zu grell,
Wein ist zu sauer mir,
Zu bitter ist das Bier,
Honig zu süßlich!
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Apr 17
/ / Von wegen Traummann
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 04 17th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Heyne Verlag 2o1o Der Roman fängt so an:
Meine Mutter konnte jedes Mal riechen, wenn ich Sex hatte. Sie roch es drei Straßen weiter in ihrer Wohnung. Spätestens, wenn ich mir den BH aufmachte, nahm sie Witterung auf. Tastete ich nach den Kondomen neben dem Bett, griff sie zum Telefon und wartete. Kurz vorm Höhepunkt begann sie zu wählen. Und das Klingeln brachte mich natürlich komplett raus.

Charlotte hat seit anderthalb Jahren den perfekten Freund: Frank ist reich, verheiratet, aufmerksam und romantisch. Er kommt jeden Mittwoch, bringt Blumen mit und verwöhnt und verführt sie. Perfekt.
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Apr 11
/ / Und im Zweifel für dich selbst
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 04 11th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) suhrkamp Verlag 2o1o

Man rechnet ja nicht damit. Wir glaubten an ein Morgen, wir fuhren in den Urlaub, und wir sagten: bis bald. Wir blieben tagelang im Bett liegen, vor allem, wenn wir frisch verliebt waren, das geschah ein paar Mal, als wir noch zur Schule gingen. Mit einem Abschluss rechneten wir und mit einem Danach. Wenn man uns nach Heirat und Kindern fragte, schüttelten wir den Kopf, aber immer nur auf Zeit, denn wir wussten, irgendwann kommt der Moment, in dem wir nicht mehr so vehement den Kopf schütteln, sondern eher langsam. Später zuckten wir nur noch mit den Schultern, antworteten nicht mehr. Ein Ja hoben wir uns auf, verrieten es niemandem, aber hatten es fest in der Hand, weil man das so machte. (S. 34)

Lene, Anfang zwanzig, hat den Mann ihres Lebens gefunden, mit ihm ist auf einmal alles leicht. Alles, … Den Artikel weiterlesen… »

Apr 4
/ / Dies ist nicht meine ganze Geschichte
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 04 4th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Piper Verlag 2o1o

Mit der 1991 bachmannpreisgekrönten Kurzgeschichte “Geschenkt” eröffnet dieser Prosaband von Alissa Walser, dem der Piper Verlag -pünktlich zur Volljährigkeit seiner Erstveröffentlichung- nun eine Neuauflage spendierte.

Ich nehme es vorweg: Wer etwas Ähnliches wie den all- und auch meinerseits gelobten Roman “Am Anfang war die Nacht Musik” sucht/erwartet, wird hier nur teilweise fündig. – Nicht, weil es nichts zu loben gäbe, das weiß Gott nicht, sondern schlichtweg weil die Zielgruppe eine andere ist – und mit ihr die Schriftstellerin [damals 30 Jahre alt, inzwischen 49.].

Es geht um Lust und Verlangen, um Sehnsüchte und Fantasien - mal mehr und mal weniger direkt artikuliert und sorgsam in jede der insgesamt 10 … Den Artikel weiterlesen… »

Mrz 24
/ / Die Demütigung
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 03 24th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Hanser Verlag 2o1o

Ich hole mal [wieder] etwas weiter aus: Wie an -sicherlich schon- einigen Stellen hier erwähnt, bin ich glühender Anhänger der Hanser-Verlage.

Das halbjährliche Eintreffen der Programmvorschauen sowie Leseexemplare zählt zu den Glücksmomenten des Buchhändleralltags [der Begriff 'Alltag' wirkt in diesem Zusammenhang etwas deplatziert, das gebe ich gerne zu], doch nach den Titeln aus 2009 stand -für mich- bereits fest, dass eine Steigerung in 2010 nur schwerlich zu bewerkstelligen sein würde.

Van Dis, Kawakami [was habe ich diese Bücher geliebt] und immer wieder Genazino, dazu noch der Literatur-Nobelpreis für Herta Müller… das alles führt zu einer potenzierten Erwartungshaltung seitens der Leser- und Kritikerschaft, … Den Artikel weiterlesen… »

Mrz 14
/ / Engel des letzten Tages
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 03 14th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Deuticke/Zsolnay Verlag 2o1o“Das Buch des Frühjahres”, so urteilt[e] Christine Westermann auf WDR 2 über diesen Titel.

Ich finde das Buch nun wirklich nicht schlecht, die Idee sogar ganz hervorragend, aber so tief in den Trophäenschrank zu greifen, das ginge mir dann doch zu weit.

In Prag begleiten wir besagte “Engel des letzten Tages” für exakt einen Tag. Dort versuchen sie, direkt ‘Betroffenen’ und/oder deren Angehörigen an ihrem letzten Tag kleine Freuden zu bereiten, Wünsche zu erfüllen, niemandem im großen Streit auseinandergehen zu lassen – oder schlichtweg: versöhnlich einzugreifen.
Wir schauen drei Engeln und einem Engel-Azubi bei der Arbeit über die Schulter und durchleben mit ihnen Freude und Trauer, Hoffnung und Resignation… und wir erleben, wie … Den Artikel weiterlesen… »

Mrz 7
/ / Fallers große Liebe
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 03 7th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Piper Verlag 2010

…welch ein wunderbares Buch! In letzter Zeit litt ich tatsächlich an einem gewissen “Lesekater” [so würde es zumindest der Protagonist dieses Titels formulieren], auf den ich in den nächsten Tagen und Wochen evtl. noch mit weniger euphorischen Buchbesprechungen eingehen werde, doch die Lektüre von “Fallers große Liebe” kurierte mich nachhaltig.

“Eine kurze Geschichte vom Glück”, ein früheres Werk von Thommie Bayer, das gerade in der zweiten Taschenbuch-Auflage erschien, gefiel mir bereits außerordentlich gut, und so begleitete mich eine vorfreudige Erwartungshaltung, als ich dieses Buch aufschlug.

Das Buch plätschert… nein, das ist unangemessen… es schreitet so dahin, Seite um Seite, indem man den Antiquar Storz und den -wirdnichtverraten- Faller auf deren Spontan-Reise infolge einer … Den Artikel weiterlesen… »

Feb 26

(c) Berlin Verlag 2o1oWas für eine phantastische Idee. Das Buch kommt daher wie ein Versteigerungskatalog: versteigert werden, wie der Titel schon sagt, persönliche Gegenstände von Lenore Doolan und Harold Morris. Kleidung, Bücher, Stehrümchen, Kulturbeutel, Fotos, Geschirr, Notizbücher, Briefe, Dinge, Kram. Säuberlich durchnummeriert, fotografiert (im Buch schwarz-weiß abgedruckt) und in knappen Worten beschrieben, inklusive der Angaben von Zustand, Größe und Preis.
Diese Gegenstände erzählen die Geschichte von Lenore und Harold. Keine besonders ausgefallene Geschichte: die beiden lernen sich auf einer Halloween-Party bei Freunden kennen, tauschen Mailadressen und fangen eine Beziehung an. Harold ist Fotograf und dauernd unterwegs, Lenore ist Kolumnistin bei der New York Times und schreibt über Kuchen. Ihre Sachen werden ausgerechnet am Valentinstag versteigert, weil die Beziehung zu Ende ist. … Den Artikel weiterlesen… »

Feb 23
/ / Du stirbst nicht
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 02 23rd, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Kiepenheuer & Witsch 2oo9Der Roman beginnt so:
Es klappert um sie herum. Als ihre Schwester heiratete, hatte die Mutter das Silberbesteck in eine Blechschüssel gelegt, auf eine Alufolie. Heißes Salzwasser darüber. Das saubere Besteck wurde nach einiger Zeit aus der Schüssel genommen und abgetrocknet: Es hatte genauso geklappert. Wer heiratet denn? Sie versucht die Augen zu öffnen. Fehlanzeige. Mehr als Augenöffnen versucht sie nicht. Ist genügsam. Sie kann aber sehr deutlich die Stimme ihrer Mutter hören. Ah, also doch das Besteck! Was sagt ihre Mutter?

In Helene Wesendahls Kopf ist ein Aneurysma geplatzt. Sie wacht im Krankenhaus auf, weiß nicht, was passiert ist, weiß nicht, wer sie ist, wer ihre Familie ist, erinnert sich nicht an ihr bisheriges Leben, kann sich nur höchst eingeschränkt bewegen.
… Den Artikel weiterlesen… »

Feb 20
/ / Die Hand, die man nicht beißt
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 02 20th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Zsolnay/Hanser Verlag 2o1o

Neuerdings können wir den Lagerbestand eines unserer Großhändler exakt einsehen, was mitunter zu leichter Verblüffung führt.

Als kürzlich die ersten Frühjahrs-Novitäten aus dem -meinerseits heißgeliebten- Hanser-Verlag eintrafen, unter anderem eben auch “Die Hand, die man nicht beißt” [erschienen bei Zsolnay], wagte ich einen kurzen, abgleichenden Blick in eben jenes Lager.

Wir haben fünf Exemplare erhalten, Kamen zählt knapp 46.000 Einwohner. – Keine Sorge: Ich werde jetzt keine komplizierte Rechnung mit Einzugsgebieten und Markteinteilen aufmachen. Der betreffende Großhändler, jedenfalls, beliefert täglich über 1.000[!] Kunden mit Ware.

Schätzfrage: … Den Artikel weiterlesen… »

Feb 4
/ / Am Anfang war die Nacht Musik
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 02 4th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Piper Verlag 2o1o

Bei Klappentexten verhält es sich -ganz allgemein- folgendermaßen:

Da gibt es solche, die viel versprechen und mit einer stimmigen Covergestaltung gemeinsame Sache machen, indem sie zur Lektüre verführen, nach der man aber wiederum zu dem Schluss kommt, dass der Klappentext die schönste Textpassage darstellte [nicht gut].

Dann gibt es jene, die verschroben klingen, meinetwegen auch nichtssagende Einzeiler, aber das Buch ist wirklich gut – so gut vielleicht, dass man sich beim Verlag dachte, dass es auch ohne Klappentext auskommt [trotzdem schon deutlich besser].

Manchmal entdeckt man aber auch Klappentexte, die man vor der Lektüre eines Titels schon ansprechend findet – und hinterher … Den Artikel weiterlesen… »

Jan 28
/ / Rot wie die Nacht
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 01 28th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Weissbooks 2o1o

In letzter Zeit entdecke ich tatsächlich eine neue Seite an mir: Ausgeprägte Bibliophilie, die sich nicht auf Geschriebenes beschränkt, sondern die äußere Gestaltung und gesamte Aufmachung gleichberechtigt in meine Beurteilung und mein Buchlieben einschließt.

Und so dauerte es dann auch eine ganze Weile, bis ich mich der eigentlichen Lektüre von Daniel Zahnos “Rot wie die Nacht” widmen konnte – zuviel galt es im Vorfeld zu entpacken und bestaunen: Das knallige und dennoch harmonisch-stimmige Cover, die vielen und z.T. versteckten Texte der Umschlagrückseite und selbstverständlich auch das lackierte Schwarz auf dem Mattschwarz des Buchdeckels… einzig die bedruckten Seiten im Buchinnern hätten eine Nuance stärker gebleicht sein können, Umweltfreundschaft hin oder her, denn so wirken sie etwas fremdlich zwischen den Deckeln und bescheren dem Titel minimale Abzüge in der B-Note.

Achja, worum es geht? … Den Artikel weiterlesen… »

Jan 27
/ / Thaddeus und der Februar
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 01 27th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Eichborn Verlag 2o1o

Der Roman fängt so an:

Thaddeus
Wir saßen auf dem Berg und sahen den Ballons zu. Die Flammen in den Ballons erhitzten die Hüllen, bis sie in Neonfarben blühten. Die Kinder spielten Vorhersage.
Sie zeigten auf Löcher am Himmel und warteten. Manchmal blühten alle Ballons gleichzeitig und bildeten ein Lichterzelt über der Stadt, unter deren Dächern die Traurigkeit des Februars wuchs.
Nächte wie diese werden bald nicht mehr sein, flüsterte mir Selah ins Ohr.

Die Traurigkeit des Februars liegt über der Stadt. Der Februar herrscht schon viele hundert Tage. Als erstes wird das Fliegen verboten, die Ballons dürfen nicht mehr aufsteigen, Vögel müssen zu Fuß gehen, nichts darf mehr fliegen. Alles ist immer nur kalt und traurig. Dann verschwinden Kinder. Einige von ihnen werden später tot aufgefunden; ertrunken, erfroren. Eine Gruppe von Männern formiert sich, sie nennen sich Der Ausweg und suchen nach einem ebensolchen. Sie erklären dem Februar den Krieg. Thaddeus schließt sich ihnen an, sie probieren alles mögliche, um wieder Wärme und Licht in die Stadt zu bringen, das Eis zu schmelzen, den Februar zu bekämpfen. … Den Artikel weiterlesen… »

Jan 26
/ / Zwei, drei, vier. Wie ich eine Familie wurde
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 01 26th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Sankt Ulrich Verlag 2o1o

Beziehungsweise: Wie ich eine Familie wurde, mit mitgelieferten Betonungszeichen auf dem Cover, damit wir Leser auch ja den Witz verstehen, sagen Sie mal, Herr Verlag, halten Sie uns eigentlich für doof? Und wo wir schon dabei sind: auch für blind? Haben Sie sich das Cover mal selbst angesehen? Wenn ja: Warum um alles in der Welt tun Sie so was?

Entschuldigung, das musste erstmal raus, so was ärgert mich über alle Maßen. Das ist nämlich ein zauberhaftes Buch, das ein hübsches Cover verdient hätte. Damit Menschen es in der Buchhandlung spontan in die Hand nehmen und kaufen. Und damit ich mich in der Bahn nicht zwingen muss, es schön hochzuhalten, damit es alle sehen, obwohl ich mich eigentlich schäme, mit so was gesehen zu werden. Da wird in der Werbung ein Vergleich zu Axel Hacke und Jan Weiler gezogen, haben Sie, Herr Verlag, sich mal angeguckt, wie deren Bücher aussehen? Also.
So. Jetzt fange ich aber an. … Den Artikel weiterlesen… »

Jan 21
/ / Das war ich nicht
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 01 21st, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Antje Kunstmann 2o1o

Jasper Lüdemann ist ein deutscher Aktienhändler an einer Bank in Chicago. Er will einem Kollegen aus der Klemme helfen, verspekuliert sich dabei aber und macht reichlich Verluste für seine Bank.
Henry LaMarck ist ein berühmter Schriftsteller, der nun schon zum zweiten Mal für den Pulitzerpreis nominiert ist. Dummerweise hat er irgendwann behauptet, er schriebe an einem Roman über den 11. September, tatsächlich steckt er aber in der Krise und schreibt gar nicht. Sein Chicagoer Verlag wartet, ebenso wie der deutsche Verlag, auf das Manuskript.
Meike Urbanski ist seine deutsche Übersetzerin, die gerade aus ihrem immer bürgerlicher werdenden Leben in Hamburg geflohen ist und sich ein heruntergekommenes Häuschen in Friesland gekauft hat. Sie ist pleite und braucht dringend das Manuskript von Henry LaMarck.
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Jan 14
/ / Lichtjahre entfernt
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 01 14th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) s.Fischer 2oo9

Ich frage mich gerade, inwiefern es anmaßend erscheint oder gar ist, wenn ein einfacher Buchhändler einen Titel verreißt, der 2009 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises vertreten war… ?!

Es ist so: 2005 war ich in Wiesbaden unterwegs und stattete dabei auch der Großbuchhandlung “Buch Habel” einen Besuch ab. Die hatten wirklich schöne Büchertische und so kaufte ich mir für die Zugrückfahrt “Das Gefühl am Morgen” von -ihr ahnt es schon- Rainer Merkel. ‘Spontankauf’ nennt man so etwas wohl – und die Lektüre war ganz nett, wirklich.

Umso gespannter war ich nun, als ich den vielgelobten Titel “Lichtjahre entfernt” aufschlug – übrigens ebenfalls als Bahnlektüre. … Den Artikel weiterlesen… »

Jan 13
/ / Zwei an einem Tag
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 01 13th, 2010| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Kein & Aber AG 2oo9
Der Roman beginnt so:

Freitag, 15. Juli 1988
Rankeillor Street, Edinburgh
„Ich glaube, das Wichtigste ist, irgendwas zu verändern“, sagte sie. „Du weißt schon, wirklich zu verbessern.“
„Wie, meinst du ‚die Welt verbessern’?“
„Nicht gleich die ganze Welt. Nur das kleine Stück um dich rum.“
Für einen Augenblick lagen sie schweigend und eng umschlungen in dem schmalen Einzelbett, dann lachten beide in der Dunkelheit vor Sonnenaufgang leise vor sich hin. „Ich kann es nicht fassen, dass ich das gesagt habe“, stöhnte sie. „Klingt ganz schön abgedroschen, was?“
 

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Jan 2
/ / Beaufort
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(c) Arche 2oo9

Das Buch beginnt so:
Wenn ihr die Geschichte wirklich hören wollt, dann wollt ihr wahrscheinlich als erstes wissen, wo ich herkomme und was ich für Eltern hatte und den ganzen Scheiß aus den Inuit-Legenden, wie manche von uns ihr Fell abwerfen, den aufrechten Gang lernen und Menschen werden. Aber eigentlich ist mir nicht danach, auf irgendwas davon einzugehen, denn es ist sterbenslangweilig, und wenn es mich schon langweilt, dann euch allemal.
[Das ist, zur Erklärung, ein Zitat des Anfangs des Fängers im Roggen.]

Der Eisbär Beaufort lebt mit seiner Mutter in der Beaufortsee. Es gibt kaum noch Robben zu fressen, die Polkappen schmelzen, und eines Tages … Den Artikel weiterlesen… »

Dez 22
/ / Über das Halten von Eichhörnchen
icon1 Isabo | icon2 Druckfrisch | icon4 12 22nd, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Jacoby & Stuart 2oo9

Ein alter Eintrag aus einer englischen Kinder-Enzyklopädie von 1910 über das Halten von Eichhörnchen als Haustier. Auf zauberhafteste Weise illustriert von Axel Scheffler. Ein wunderschönes, dünnes, kleines Büchlein mit tollen Ratschlägen. Etwa, wie man beim Kauf ein junges, gesundes Eichhörnchen erkennt, oder dass der Käfig groß genug sein muss. Man wird, wie der Eichhörnchenbesitzer auch, nie müde, den Tieren bei ihren anmutigen Kapriolen zuzuschauen. Sagte ich schon, dass die Bilder wirklich ganz bezaubernd sind? Dieses Eichhörnchen! Wie es da mit Messer und Gabel und Lätzchen an einem kleinen Tischchen sitzt! Noch dazu riecht das Buch gut. Nach Buch. Wer Freude an schönen Büchern hat, einfach, weil sie schön sind: kaufen. Ich bin mal wieder entzückt.

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Dez 9

(c) Luchterhand 2oo9

Als ich es sah, imponierte mir sogleich sein Äußeres: Schlicht, aber ausgesprochen kunstvoll in Bezug auf das Motiv, der Schriftsatz in Farbgebung und Anordnung harmonisch, das Papier vertikal reliefiert. – Sollte dieses Buch bei der Stiftung Buchkunst nicht mindestens Erwähnung finden, verstünde ich die Welt nicht mehr. In jedem Fall sei an dieser Stelle Roland Eschlbeck & Ruth Botzenhardt gedankt, die sich für die Umschlaggestaltung verantwortlich zeichnen.

 

Zum Inhalt:

Es gibt eine knappe und fast schon provisorische Rahmenhandlung, in der ein Musikertrio [Climent, Gerda und Virgili] bei einem Gastspiel in Krakau die polnische Geigerin Regina kennenlernt. Reginas Spiel bewegt und fasziniert … Den Artikel weiterlesen… »

Dez 3
/ / Der Tod ist ein Postmann mit Hut
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 12 3rd, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Klöpfer & Meyer 2oo9

Ich habe ja schon ein gewisses Faible für kleine Verlage mit besonderen Büchern und Programmen, aber -ganz ehrlich- von Klöpfer & Meyer hielt ich bisher noch nie einen Titel in Händen.

„Der Tod ist ein Postmann mit Hut“ war somit meine persönliche Premiere – und ich ließ das Buch erst nach sechs Stunden wieder los. Dass das Buch auch mich losließ, dauerte wiederum ein Vielfaches dessen, so eindrucksvoll und auf jeder Ebene überraschend kam es daher.

Protagonist des Romans ist Julio C. Rampf, knapp über 40, ein Braunschweiger in Innsbruck, ein mäßig erfolgreicher Studio-Gitarrist, … Den Artikel weiterlesen… »

Nov 20
/ / Einfach losfahren
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 11 20th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Diogenes 2oo9

„Einfach losfahren“ oder: Der nachdrücklichste Beweis, dass ein Buch nicht zwangsläufig literarisch sein muss, um begeistern zu können; Fabio Volo punktet mit Charme und philosophischem  Geschick.

In Italien nicht nur Bestsellerautor [alleine „Un posto nel mondo“, so der Originaltitel, verkaufte sich mehr als eine Million Mal], sondern allseits bekannter und beliebter Moderator sowie Schauspieler, debütiert Fabio Volo mit diesem Titel auf dem deutschen Buchmarkt.

Protagonist des Romans ist Michele, 35, der in der Eröffnungsszene in einem Krankenhaus vor dem Kreißsaal auf seine erste ‚vollführte‘ Vaterschaft wartet und dieses Ereignis zum Anlass nimmt, auf sein bisheriges Leben zurückzublicken. … Den Artikel weiterlesen… »

Nov 4
/ / Landesbühne
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 11 4th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Hoffmann & Campe 2oo9

Neues vom großen Romancier und -wie er sich selbst sieht:- Geschichtenerzähler Siegfried Lenz: Die „Landesbühne“.

In diesem schmalen Band, von Hoffmann & Campe optisch abermals in der Tradition vergangener Werke des Autors fortgeführt und thematisch zumindest entfernt mit Ken Keseys „Einer flog über das Kuckucksnest“ verwandt, verlegt Lenz die Handlung zunächst hinter Gefängnismauern.

Der Protagonist Clemens, im bürgerlichen Leben eigentlich Universitätsprofessor [bis sich herausstellte, dass er in seiner Beurteilung weiblicher Studentinnen nicht nur deren fachliche Kompetenz und Eignung zugrunde legte], teilt sich mit Hannes eine Zelle und einen Mikrokosmos. … Den Artikel weiterlesen… »

Okt 23
/ / Sieben Jahre
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 10 23rd, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) s.Fischer Verlage 2oo9

„Sieben Jahre“ lautet der Titel des neue[ste]n Werks von Peter Stamm, das bereits auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2009 vertreten war und thematisch verknappt nur schwerlich zu umreißen ist.

Es geht ums Glück, vom Gefühl dessen, der Suche und Sehnsucht danach… und es geht um Lebens- und Liebesentwürfe. In der Hauptrolle: Alexander, zunächst Student, später selbstständiger Architekt.

Er steht zwischen zwei Frauen, die vollkommen konträre Entwürfe verkörpern: Auf der einen Seite Sonja, wunderschön, erfolgreich[er als er], gutbürgerlich – und auf der anderen Seite Iwona, … Den Artikel weiterlesen… »

Okt 12
/ / Winter in Maine
icon1 Karin | icon2 Druckfrisch | icon4 10 12th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Luchterhand Literaturverlag 2oo9

„Manche Menschen müssen anderen Geschöpfen Schmerzen zufügen, um selbst weniger Schmerzen zu haben.

In diesem Zitat könnte sich ein Erklärungsansatz für das Verhalten finden, welches der Protagonist Julius Winsome im Laufe des Romans Winter in Maine“ von Gerard Donovan entwickelt.

Winsome lebt allein in den Wäldern von Maine. Er selbst beschränkt sein Leben in einem Satz auf die Aussage, dass er „seit einundfünfzig Jahren in einer Hütte lebt“. Als eines Tages jedoch ein Unbekannter seinen langjährigen Gefährten, den Hund Hobbes, aus reiner Willkür erschießt, geht etwas in Julius Innerem vor – mit schrecklichen Folgen.

… Den Artikel weiterlesen… »

Okt 1
/ / Siebzehn Silben Ewigkeit
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 10 1st, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) dtv 2oo9

Wollen wir ehrlich sein: Betrachtet man den Buchtitel separat, kann man ihn beileibe nicht von schnulzigen Assoziationen freisprechen, in Bezug auf die Covergestaltung lässt sich Ähnliches feststellen – eine durchweg leichte Lektüre, könnte man also meinen, wäre da nicht dieses Signet, das doch irgendwie für literarische Qualität oder Anspruch steht: dtv.

Ich könnte nun ganz weit ausholen und noch dazu philosophisch werden, belasse es aber lieber bei den Fakten:

Der Klappentext klingt durchaus charmant und auch die Geschichte kommt wirklich unterhaltsam daher: Bilodo, ein junger Mann und Postbote, frönt einem ungewöhnlichen Hobby: Abends öffnet er unter Wasserdampf Briefe und konstruiert in seiner Fantasie die dazugehörigen Leben, Geschichten und Welten. … Den Artikel weiterlesen… »

Sep 21
/ / Jenseitsnovelle
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 09 21st, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Hoffmann & Campe 2oo9

Mit der „Jenseitsnovelle“ liefert Matthias Politycki ein schmales Bändchen ab, das auf der äußeren Handlungsebene sehr leise daherkommt und somit in Alternation zur inneren Handlung steht.

Protagonist ist Hinrich Schepp, Sinologie-Professor und Mitte 60, der eines sonnigen Herbstvormittags ins Wohnzimmer kommt und seine Ehefrau Dorothee tot -im Schreibtischstuhl sitzend- vorfindet, noch sachte über eines seiner Manuskripte gebeugt, die sie stets zu lektorieren pflegte.

In diesem besonderen Fall handelt es sich aber um keinen aktuellen Entwurf, sondern um ein längst vergessen geglaubtes und verloren erhofftes … Den Artikel weiterlesen… »

Aug 23
/ / Das Leben der Wünsche
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 08 23rd, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Hanser Verlag 2oo9

Ich bin bekennender Hanser-Fan [nicht zu verwechseln mit Hansa], das gebe ich gerne zu, aber dieses Buch ließ mich etwas verstört und irritiert zurück, was die eigentliche Intention des Autors angeht.

Zum Inhalt:

Protagonist ist der 35jährige Jonas, Werbetexter in einer chaotischen und charakterlosen Agentur, Ehemann Helens, Vater zweier Kinder, Geliebter Maries.

Die Fragwürdigkeit seines unerfüllenden Lebens wird schließlich von einer seltsamen Begegnung im Park durchbrochen: Ein Mann gibt vor, ihm drei Wünsche erfüllen zu wollen. Ungläubig und krampfhaft sucht Jonas … Den Artikel weiterlesen… »

Aug 4
/ / Die Paulis außer Rand und Band
icon1 Karin | icon2 Druckfrisch | icon4 08 4th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Cecilie Dressler 2oo9

Schon der Titel allein beschreibt den Inhalt bereits äußerst treffend. Die Paulis, das sind Mama Iris, der 12jährige Dennis, die 10jährige Lea und die zwei Jahre jüngere Flummi. Kaum ist die Ökologin Iris für drei Monate auf Exkursion und statt ihrer kommt die in Sachen Kindererziehung strenge und konservative Tante Heidrun als ‚Babysitter’ ins Haus, bricht das Chaos aus. Von unterschiedlichen Geschmäckern beim Abendessen [ich sage nur Blutwurst], über andere Ansichten der Freizeitgestaltung, bis hin zu einer von Flummi inszenierten Hypnosevorstellung. Zu diesem Anlass möchte Flummi ihre neu erworbenen Künste in Sachen Hypnose der Familie demonstrieren. Doch diese Einlage wirft die Welt der drei Kinder und besonders die von Tante Heidrun völlig aus der Bahn. … Den Artikel weiterlesen… »

Jun 19
/ / Ruhm
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 06 19th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Rowohlt 2oo9

“Ruhm”, der neue Titel von Bestseller-Autor Daniel Kehlmann, versammelt neun Kurzgeschichten, die man isoliert lesen, betrachten und verstehen kann – oder als Gesamtwerk interpretiert, zu dem sie sich mit fortwährender Lektüre lose verflechten, ehe die letzten Sätze eine Schleife binden.

Und vielleicht hat er mit dieser Art des Schreibens sogleich einen Trend gesetzt: Für den Spätsommer wurde mit “Lässliche Todsünden” von “Vienna”-Autorin Eva Menasse bereits ein Titel angekündigt, der ähnlich angelegt sein soll… wir dürfen in jedem Fall gespannt sein.

Inhaltlich wird Vielfältiges geboten: Ein exzentrischer Autor, der mutlos und verbittert durch die Länder zieht, um Kulissen und Statisten für seine Romane zu entdecken, die schließlich nicht mehr als ein entfremdetes Zerrbild seiner Fantasie wiedergeben, ein Filmdarsteller, der von einem Tag auf den anderen keine Anrufe mehr erhält und … Den Artikel weiterlesen… »

Jun 14
/ / Herr Nakano und die Frauen
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 06 14th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Hanser Verlag 2oo9

Nachdem Hiromi Kawakami im vergangenen Jahr mit “Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß” einen Debüt-Überraschungserfolg landete, erscheint im Hanser Verlag mit “Herr Nakano und die Frauen” nun auch das neueste Werk der japanischen Schriftstellerin, das abermals so etwas wie ein poetisches Porträt der Liebe darstellt.

Kawakami entführt uns hierbei in einen exotischen Mikrokosmos, irgendwo in einem Studentenviertel Tokios gelegen, der so eigen ist wie seine Protagonisten. In gewisser Weise ist dieser auch aufregend, wenngleich sich dieses Attribut keinesfalls auf die Handlung übertragen lässt, die eher unaufgeregt daherkommt.
Aus der Sicht von Hitomi, einer jungen Japanerin, die noch nicht so recht weiß, wo sie im Leben steht bzw. wohin sie will, erleben und -lesen wir den [Arbeits-]Alltag in einem Trödelladen des Viertels, wo sie als Aushilfe angestellt ist und der zugleich Zentrum allen Geschehens ist:
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Jun 7
/ / Alice
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 06 7th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) s.Fischer Verlage 2oo9

Es gibt Vielschreiber – und es gibt Judith Hermann.
Sechs Jahre nach “Nichts als Gespenster” erscheint mit “Alice” das dritte Werk der Berliner Autorin, das -soviel erscheint sicher- kontroverse Meinungen provozieren wird.

In “Alice” versammeln sich fünf Kurzgeschichten auf 192 Seiten, die lose miteinander verwoben sind und neben der titelgebenden Protagonistin auch das Thema gemein haben: Den Tod.

Kontroverse Meinungen wird es deshalb geben, weil das Buch in keinster Weise ‘spektakulär’ angelegt ist: Die Handlung ist auf der äußeren Ebene eher minimal gehalten und bezieht ihre eigentliche Spannung und Stärke eher aus dem inneren Erleben der Protagonistin… aus Persönlichkeit und Persönlichem. Auch die Sprache beschränkt sich auf Wesentliches:
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Jun 2
/ / Niederland
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 06 2nd, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) rowohlt Verlag 2oo9

Joseph O’Neills Debütroman “Niederland”, an dem er fast sieben Jahre lang arbeitete, wurde von der amerikanischen Presse bereits hymnisch bis frenetisch gefeiert und trifft nun -mit Superlativen überfrankiert- auf dem deutschen Buchmarkt ein…

Es ist ein 9/11-Roman, wie man ihn nicht erwartet: Keine Abrechnung oder Anklage, sondern ein leises Buch, das von Details, Beobachtungen und Gefühlen lebt.

Hans van den Broek, Niederländer und gefragter Analyst an der New Yorker Wallstreet, wird nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 von seiner Frau Rachel verlassen, die mit ihrem gemeinsamen Sohn nach London zurückkehrt.
Vordergründig trifft sie diese Entscheidung, um eben jenem Sohn die Chancen auf eine -halbwegs- ‘normale’ Kindheit zu wahren, doch Hans ist bewusst, dass Rachel nicht vor dem Terror flüchtet, sondern … Den Artikel weiterlesen… »

Mai 13
/ / Harry, die Zweite
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 05 13th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Kiepenheuer & Witsch 2oo9

Debütromane sind so etwas wie die Überraschungseier der Literatur.

Im Falle dieses Buches, “Harry, die Zweite” von Mark Sarvas, hat man sich diesbezüglich definitiv ein Aha-Erlebnis gesichert: Aufmachen und an dem grandiosen Inhalt erfreuen.

Harry Rent, ein Arzt mittleren Alters aus Los Angeles, sitzt am Tag -und noch vor- der Beerdigung seiner Frau unentschlossen in einem Café und verliebt sich ganz plötzlich in die Kellnerin Molly. Er steigert sich so sehr in die fixe Idee einer Beziehung und Liebe mit ihr, dass er bei der anschließenden Trauerfeier weder trauert noch feiert und eher damit beschäftigt ist, den Marmeladenfleck von seiner Krawatte zu lutschen und den Inhalt des Sargs auf dessen korrekte ‘Ausstattung’ zu kontrollieren – schließlich hat der Bestatter ihm Ruhekissen berechnet, von deren Existenz Harry nicht endgültig überzeugt ist.

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Mai 3

(c) Fischer Verlag 2oo9

…und wieder ein Debüt: “Unser allerbestes Jahr” stellt den ersten für den deutschen Buchmarkt übersetzten Titel des kanadischen Journalisten und Filmkritikers David Gilmour dar und kommt leicht autobiografisch daher.

In diesem Entwicklungsroman, einer ausgesprochen ungewöhnlichen Vater-und-Sohn-Geschichte, gestattet David seinem 16-jährigen Sohn Jesse unter zwei Bedingungen dessen Schulabbruch:
1. Sie schauen gemeinsam und fortan drei Filme pro Woche – ausschließlich nach Davids Wahl und mit anschließender Diskussion.
2. Keine Drogen.

Damit eröffnet dieser Roman und entspinnt in der Folge eine Liebeserklärung an Filme sowie deren Geschichte [und verleitet dazu, sich in Gedanken Notizen zu machen, welchen Film man selbst sehen möchte, sobald dieses Buch ausgelesen ist] und liefert zugleich … Den Artikel weiterlesen… »

Mai 1
/ / Tirza
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 05 1st, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Diogenes Verlag 2oo9

Traurig. Verstörend. Schön. – Egal, welche Attribute man in welcher Reihenfolge verwendete, sie würden diesem Roman bei Weitem nicht gerecht. Mit “Meneer” Jörgen Hofmeester hat der Niederländer Arnon Grünberg abermals einen Charakter geschaffen, der neurotisch sein Leben zu meistern versucht. Vom Chef halbherzig in den unfreiwilligen Vorruhestand komplimentiert, sieht er sich nicht nur einer plötzlich heimgekehrten Ex-Ehefrau ausgeliefert – nein, auch seine jüngste und liebste Tochter konfrontiert ihn ausgerechnet jetzt mit der Tatsache, dass sie nach dem Abitur für eine Weile nach Afrika gehen möchte und dabei von ihrem neuen Freund begleitet wird, der für Hofmeester frappierende Ähnlichkeit mit Mohammed Atta aufweist…

Wer nun allerdings auf eine schräg-heiter-lakonische Geschichte hofft, sieht sich schon bald getäuscht: … Den Artikel weiterlesen… »

Apr 29
/ / Zwischen zwei Träumen
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 04 29th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Lübbe 2oo9

Eine gewisse Austauschbarkeit im Allgemeinen lässt sich beim besten Willen nicht abstreiten, betrachtet man die Titel und Themen der aktuellen Verlagsprogramme.
Es gibt Austauschbarkeit – und es gibt Selim Özdogan.

Auch in seinem neuen Roman “Zwischen zwei Träumen” weiß er mit einer absolut ungewöhnlichen und zugleich faszinierenden Geschichte zu überraschen:
Die Protagonisten, allen voran Nesta, leben in einer Welt, in der Träume zu einem Konsum- und Luxusgut geworden sind und schlichtweg ‘getropft’ werden.

Es gibt professionelle Träumer, Träume und Traumbars, Sehnsucht, viel Musik, einen DJ und Fragezeichen, wobei letztere zumeist zwischen den Zeilen und Seiten stehen.
Die Ausrufezeichen werden hingegen … Den Artikel weiterlesen… »

Apr 26

(c) Kiepenheuer 2oo9

Eigentlich meide ich Bücher mit derartigen Covern, doch der Klappentext leistete ganze Arbeit und ließ mich glauben, dass es sich hierbei um keinen gewöhnlichen Kitsch-Roman handelte…

‘Optische Wahrheit, rhetorische Täuschung’ – so in etwa könnte mein knappes Fazit nun lauten, doch ich habe den Roman des französischen Bestseller-Autors Guillaume Musso immerhin zu Ende gelesen, womit eine mangelhafte/ungenügende Bewertung zumindest ausgeschlossen ist.

Doch der Reihe nach:
Am 25. März 2002 verschwindet die fünfjährige Layla, Tochter des berühmten Psychologen Mark und der nicht minder bekannten Violinistin Nicole Hathaway, in einem Einkaufszentrum von Los Angeles. … Den Artikel weiterlesen… »

Apr 15
/ / Das Glück in glücksfernen Zeiten
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 04 15th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Hanser Verlag 2oo9

Der neue Genazino, jüngst nominiert für den “Preis der Leipziger Buchmesse”, hinterließ mich -ehrlich gesagt- etwas verstört.

- Dabei ist auch dieser Roman grundsätzlich in Genazino-typischer Manier konstruiert: Protagonist Dr. phil. Gerhard Warlich tritt nach erfolgreichem Studium eine Stelle als Wäscheausfahrer an. Langsam arbeitet er sich nach oben, bis er schließlich Geschäftsführer der Wäscherei ist. Alles erscheint bestens, bis die -zu erwartenden- Unglücke ihren Lauf nehmen: Warlich verliert sich mehr und mehr in seinen melancholischen Tagträumen und idealistischen Illusionsfluchten, was schließlich seine Kündigung zur Konsequenz hat. Und auch die “Schule der Besänftigung”, ein loser Gedanke Warlichs, an dessen Entspinnen er so sehr Gefallen findet, dass er schließlich im Kultusministerium sitzt, findet keine Umsetzung, da sich seine Frau schließlich nicht anders zu helfen weiß, als … Den Artikel weiterlesen… »

Apr 13
/ / Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 04 13th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) s.Fischer Verlag 2oo9 Dieses Buch entbehrt jeglicher Schreibkonvention.

Junot Díaz, 2008 mit dem Pulitzer-Preis im Bereich “Fiction” für dieses Werk ausgezeichnet, legt hiermit einen Roman vor, der… ‘anders’ ist – ‘anders’ auf eine sonderbare und zugleich faszinierende Art und Weise.

In bewegenden Bildern und Farben erzählt er in Rückgriffen vom vielschichtigen Schicksal einer dominikanischen Familie, welche in die USA geflüchtet ist. – Mit Oscar fängt dabei alles an: Oscar, bis zu seinem siebten Lebensjahr ein Mädchenschwarm, ehe sein Herz erstmals bricht und er fortan mit Figurproblemen und stetig unerwiderter Liebe zu kämpfen hat. Er entwickelt sich zum Science-Fiction-Freak, von allen als schwarzer[!] Latino-Nerd verspottet, der in Fantasiewelten flüchtet, … Den Artikel weiterlesen… »

Apr 10
/ / Macho Man
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 04 10th, 2009| icon32 Kommentare »

(c) Kiepenheuer & Witsch 2oo9

…und wieder ein Debüt:

Moritz Netenjakob, Grimme-Preisträger und Autor für Fernsehserien wie Anke und Stromberg sowie ehemals für die Wochenshow und switch, präsentiert mit “Macho Man” seinen ersten Roman und stellt mich dabei vor einen Gewissenskonflikt: Wieviel Anspruch und Tiefgang muss ein Werk mindestens aufweisen, um eine halbwegs gute ‘Bewertung’ zu rechtfertigen?!

Zur Erklärung: “Macho Man” lässt sich wohl am ehesten durch den Begriff ‘Urlaubslektüre’ kategorisieren… vorhersehbar, unkompliziert, amüsant. – Hier und dort durchaus ein bisschen Gefühl, an anderer Stelle etwas Klischee, in der Summe: schlichtweg unterhaltsam.

Gut, es gibt seitenweise seichte Passagen und haufenweise flache Witze, aber … Den Artikel weiterlesen… »

Apr 8
/ / Alle sieben Wellen
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 04 8th, 2009| icon3Kommentare deaktiviert

(c) Deuticke/Zsolnay Verlag 2oo9

Sie schreiben sich wieder: Emmi Rothner und Leo Leike, bekannt aus “Gut gegen Nordwind”, dem Bestseller und zugleich Vorläufer dieses Buchs.

Was einst mit einem Tippfehler in der Email-Adresse begann und nicht -wie beabsichtigt- die Kündigung eines Zeitschriften-Abos, sondern einen ausgiebigen Online-Flirt zur Folge hatte, findet hier seine Fortsetzung:
Es war still geworden zwischen den beiden, doch irgendwann fasst sich Emmi ein Herz und wagt es, die Mail-Korrespondenz wiederaufleben zu lassen. Nachdem es anfangs so scheint, als hätte Leo seine Mail-Adresse gewechselt, meldet er sich kurze Zeit später doch zurück und schon bald stellen sich hiermit auch die altbekannten Gefühle, Fragen, Wünsche und Probleme ein.

- Wird es diesmal ein Treffen geben? … Den Artikel weiterlesen… »

Apr 6

(c) Hanser Verlag 2oo9

Ich beneide jeden, der die Lektüre dieses wundervollen Buches noch vor sich hat.

Der feine Herr Mulder, ein niederländischer Privatier, hat sich im gediegenen Alter für ein Leben in Paris entschieden. Er besucht Ausstellungen, interessiert sich für Kunst und Kultur im Allgemeinen sowie Speziellen und erfreut sich bei Spaziergängen am Nachhallen seiner teuren Ledersohlen auf dem Asphalt. Kurz gesagt: Er ist ein spießiger Müßiggänger.
- Nein, falsch: Er war ein spießiger Müßiggänger… bis in jener Nacht ein von Asylanten bewohntes Haus brennt und ihm ein rußverschmutzter Hund aus diesem direkt in die Arme springt. – So wird aus dem feinen -aber unbeachteten- Niederländer Mulder der Franzose Nicolas Martin, in steter Begleitung seines heldenhaften Hundes ohne Namen, der ein Kind aus dem brennenden Haus gerettet hat. Mit ihm wird Mulder/Martin nicht nur ‘sichtbar’, sondern … Den Artikel weiterlesen… »

Apr 5
/ / Mängelexemplar
icon1 Torsten | icon2 Druckfrisch | icon4 04 5th, 2009| icon31 Kommentar »

(c) S.Fischer Verlag 2oo9

Über dieses Buch wurde schon viel geschrieben; “Sarah Kuttner ist die neue Charlotte Roche!” hat sich hierbei -von allen Kommentaren- am stärksten in meinem Gedächtnis verankert, wobei ich sage: Das ist vollkommener Quatsch!
- Im Gegensatz zu Charlotte Roche hat sich Sarah Kuttner einer durchaus ernsten Thematik angenommen, Depressionen, und genau hier nimmt das Dilemma seinen Lauf… Nein, ich möchte nicht unfair sein: Das wahre Dilemma ist bereits im Erfolg der “Feuchtgebiete” begründet… Es gab eine Zeit, da fühlten sich diverse TV-Soap-Darsteller dazu befähigt, sogenannte ‘Musik’ zu produzieren – nun sind wir offenbar an einem Punkt angelangt, wo [ehemalige] TV-Moderatorinnen Bücher schreiben und das Ganze ‘Literatur’ nennen.

Womit wir wieder beim “Mängelexemplar” wären. … Den Artikel weiterlesen… »